Manchmal gibt dir die eigene Organisation Rätsel auf: Warum schreibt niemand etwas auf die neue Kommunikationsplattform? Wir haben alle Informationswege definiert und trotzdem landen die Infos verzerrt oder gar nicht bei den Mitarbeitern. Ist das die berühmte Lehmschicht des mittleren Managements? Nach drei Präsentationen behaupten Teile der Belegschaft immer noch, dass sie noch nie von der neuen Strategie gehört haben („Uns hier auf der Baustelle erzählt ja nie irgendwer irgendwas, dabei machen wir die ganze Arbeit!“).
Mysteriöse Ereignisse in Organisationen, die niemand so richtig erklären kann (oder will).
Das kann nicht das Ende sein
Trotzdem wirst du darüber Bescheid wissen wollen, bevor du eine neue Strategie entwickelst, einen Umbau der Organisation planst oder aufwändige IT-Projekte beauftragst. Nicht dass die Schlauberger kommen, ihren riesengroßen Zeigefinger schwenken und dir erklären: „Culture eats strategy for breakfast. Hab ich immer schon gesagt! …und Peter Drucker.“
Also: Organisationsdiagnose machen. Der Kultur auf den Zahn fühlen. Die Hinterbühne ausleuchten. Metaphern ohne Ende. Aber darum geht es bei dieser Art von Forschung: Bilder, Gefühle, Meinungen mit harten Fakten in Zusammenhang zu bringen.
Was Diagnosen in Organisationen bewirken
Dazu gleich mal vorneweg eine kleine Abgrenzung. Wir betreiben hier nicht Wissenschaft und die Suche nach ewiger Wahrheit. Bei der Organisationsdiagnose geht es zunächst um Wirksamkeit. Zum Einen soll die Diagnose bewirken, dass Veränderungen erfolgreicher sind, weil du sowohl fachlich als auch kulturell mehr Durchblick hast. Zum anderen löst schon allein die Informationssammlung an sich eine Menge aus. Denn auf einmal wird sehr genau nachgefragt über Dinge, die man sonst nicht so offen anspricht.
Wer forscht wie?
Dieser doppelten Wirkung muss das Design einer Organisationsdiagnose Rechnung tragen. Zunächst bei der Auswahl der Forschenden, denn es macht einen Unterschied, wer beispielsweise ein Meeting beobachtet: externe Beraterinnen, Kollegen, eine hohe Führungskraft oder eine Kollegin aus der Nachbarabteilung.
Wir von Rudl und Schwarm forschen entweder selbst oder gemeinsam mit einem Team aus sorgfältig ausgewählten und von uns geschulten Mitgliedern deiner Organisation. So können wir gut zwischen neutraler Beobachtung und informierter Teilnehmerschaft balancieren. Die Vorgangsweise schützt die internen Forschenden und verschafft den Interviewten einen gesicherten Raum, in dem sie sich öffnen können.
Wie die Diagnose wirkt, entscheidet sich auch mit dem Methodenmix. Welche Methoden du auswählst, hängt stark von der Aufgabenstellung, deiner Organisation und den verfügbaren Ressourcen ab.
Das sind die wichtigsten Methoden, um Organisationen zu erforschen
1. Einzelinterviews: „Endlich hört mir einer zu!“
Einzelinterviews sind die Nummer 1 Methode. Im geschützten Raum können Menschen sich öffnen und ihr Herz ausschütten. Gute Einzelinterviews dauern ca. eine Stunde. Wir haben meistens eine Liste an Fragen vorbereitet, setzen diese aber situativ ein.
2. Gruppengespräche: Rein ins Getümmel!
In einer Gruppe wird anders gesprochen als im Einzelinterview. Dafür offenbaren Gruppendiskussionen mehr vom „Wie“ der Kommunikation. Wie reden die Diskutanten miteinander? Worüber sprechen sie nicht? Wer hält sich bedeckt und wer spricht ständig? Wie sich Leute inszenieren, lässt eine Menge Rückschlüsse auf Werte, informelle Netzwerke und Rangordnungen zu.
3. (Teilnehmende) Beobachtung: Von innen verstehen
Natürlich läuft ein Meeting, in dem Beobachter dabei sind, anders ab als sonst. Aber dann auch wieder nicht so sehr, denn gut eingelernte Kommunikationsmuster werden nicht so leicht abgelegt. Hier sieht man das System bei der Arbeit. „Go where the action is!“ riet der große Soziologe Erving Goffman. Können wir nur bestätigen. Nirgendwo ist die unmittelbare Wirkung einer Organisationsdiagnose so groß.
4. Dokumentenanalyse
Klingt ein bisserl fad. Ganz ehrlich: Das ist es manchmal auch. Die Dokumentation ist das Gedächtnis der Organisation und oft wesentlich genauer als die Erinnerung der Personen. Und darum ist die Dokumentenanalyse sehr sehr wertvoll. Die Konferenzordnung, die ihr gerade entwickelt wollt, hat schon vor 10 Jahren einer entwickelt? Warum wurde sie nie umgesetzt? Erstaunlich, was da in den Organigrammen steht, klingt auch sinnvoll – nur im Alltag läuft es anders. Wer außer der Qualitätsabteilung kennt eigentlich die Prozessbeschreibung laut ISO?
5. Experimente statt Paralyse durch Analyse
Ziel jeder Diagnose muss es sein, möglichst schnell ins Verändern zu kommen. Das Neue ausprobieren. Das ist ein wenig wie beim Einstellen neuer Mitarbeiter. Trotz aller Tests merken die Beteiligten erst in der Probezeit, ob es passt. Organisationen sind komplexe Systeme und deshalb nie endgültig vollständig beschreibbar und ausrechenbar. Besser etwas ausprobieren und dann merkst du, was funktioniert.
3 Tipps fürs Erforschen
- Im Paar interviewen und beobachten: dann könnt ihr euch abwechseln beim dokumentieren und aus unterschiedlicher Perspektive fragen. Gut sind Frau + Mann Kombinationen.
- Alles dokumentieren!
- Mehr fragen als reden, gute Fragen überlegen.
Deine Organisation zu erforschen ist eine großartige Idee, weil...
- sie die Grundlage für schlaue Hypothesen und nachhaltige Veränderungen sind.
- viele Menschen an der Veränderung beteiligt werden.
- die Forschung an sich schon einiges in Bewegung bringt und Energie aufgebaut wird.
- die Forschenden unglaublich viel lernen und fit werden als Agenten der Veränderung.
Wenn du neue Strategien entwickelst oder ausrollst, Strukturen und Prozesse anpasst, Kundenorientierung stärken oder Führung professionalisieren willst: nachhaltiger Erfolg gelingt besser mit einem klaren Blick auf die Hinterbühne deiner Organisation.
Was interessiert dich an deiner Organisation? Schreib uns ein paar Zeilen!